Exkursion ins Konzentrationslager Buchenwald
„Wer seine Geschichte vergisst, ist dazu verdammt sie zu wiederholen“ – George Santayana. Dieses Zitat ist eine wesentliche Hilfe dabei, sich mit Erinnerungskultur in Deutschland auseinanderzusetzen. Aber was bedeutet „erinnern“ eigentlich und wieso darf der Begriff des Erinnerns nicht immer positiv konnotiert sein? Allgemein erklärt, bezeichnet der Begriff Erinnerungskultur, den Umgang des Einzelnen und der Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte. Man spricht hierbei von einem „kollektiven Gedächtnis“. Dies kann auf verschiedenste Arten und Weisen passieren.
In unserem Fall war es die Exkursion zur Gedenkstätte Buchenwald am 15. November, an der die Klassen 10, 11 und 12 teilnahmen, um mit Workshops und einem Rundgang die Relevanz, sowie die Tragweite des Holocaust und den Terror des nationalsozialistischen Regimes besser zu verstehen und einzuordnen. Da unsere Klasse die Gedenkstätte letztes Jahr bereits einmal besuchte, begannen wir den Tag mit einem Resümee unserer letzten Exkursion, in der wir bereits eine Führung durch andere Teile der Gedenkstätte unternommen hatten. Zum Beispiel den Bahnhof, der nur für eine noch schnellere Anlieferung neuer Gefangener erbaut wurde und den Weg ins Lager selbst über den Carachoweg. Hier wurden die neuen Häftlinge durchgetrieben und mit Schlägen traktiert, bis sie schlussendlich nach einer Desinfektion in ihre total überbelegten Baracken kamen. Nach dieser kurzen Wiederholung fuhren wir mit einer Fragerunde fort, in der wir neu aufgekommene Fragen, die seit unserem letzten Besuch entstanden sind, stellen konnten. So kam die Frage nach dem Glockenturm auf, der bei gutem Wetter sogar aus Erfurt sichtbar ist und was dieser bedeutet. Daraufhin wurde uns erklärt, dass dieser als Mahnmal in der Zeit der DDR erbaut wurde und dem Gedenken an die Tausenden von Opfern des Konzentrationslagers erinnern soll. Die monumentale Anlage des Glockenturms diente auch als Nationaldenkmal der DDR. Er stellt das „Licht der Freiheit“ nach der „Nacht des Faschismus“ dar. Als alle unsere Fragen geklärt und beantwortet waren, begannen wir erneut einen Rundgang durch das Gelände. Wir starteten mit der Besichtigung des Steinbruchs, in dem die Häftlinge unter schwerster körperlicher Anstrengung den Kalkstein abbauten, der später zum Aufbau des Lagers und zur Befestigung von Wegen und Straßen genutzt wurde. Dabei standen den Gefangenen nur einfachste Werkzeuge zur Verfügung. Auch wurden an diesem Ort zahlreiche Gefangene ermordet und aus teilweise lapidaren Gründen exekutiert.
Der nächste Halt waren die Grundrisse des ehemaligen Pferdestalls mit der Reitanlage, von dem heutzutage, aber nur noch die Fundamente stehen. Diese Anlage wurde später von der SS umgebaut, um sowjetische Gefangene unter dem Vorwand einer ärztlichen Untersuchung, durch eine Genickschussanlage zu ermorden. So starben in diesem Teil des Lagers über 8000 sowjetische Kriegsgefangene. Beim Krematorium, dem letzten Halt unseres Rundgangs wurde diese Anlage rekonstruiert, damit der Besucher einen Einblick in das erschreckende Ausmaß dieser Morde erlangen kann. Direkt nebenan sind die großen Öfen, in denen die Leichen verbrannt wurden. Dieses furchtbare Bild solch einer kalten und effizienten Tötungsmaschinerie war kein leichter Anblick für alle von uns. Danach besichtigten wir die Dauerausstellung der Gedenkstätte, in der zahlreiche Objekte und Gegenstände aus dem Alltag im Lager ausgestellt waren. Darunter viele Fotografien, originale Dokumente, sowie Erinnerungsberichte überlebender Häftlinge und Lebensgeschichten einzelner ausgewählter Häftlinge. Zum Schluss besichtigten wir eine neue Ausstellung, die lebensnah die Schicksale einzelner Gefangener aufzeigte und alle Geschehnisse noch einmal besser erlebbar machte,
weil man erst an dieser Stelle einen direkten Einblick in viele persönliche Tragödien erhielt, die so wahrscheinlich hunderttausendfach auf andere Insassen übertragen werden konnten. Der Begriff der Erinnerungskultur ermöglicht es uns nicht nur diese Geschichten zu erzählen, sondern auch einen nachhaltigen Schutz gegen solche Perversionen des Nationalismus zu entwickeln. Das Achten auf unsere Vergangenheit und der Umgang mit dieser, ermöglicht es uns, die Singularität dieses Verbrechens zu erkennen und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passieren darf. Die Exkursion in die Gedenkstätte ist dabei ein wesentlicher Teil, da sie uns gezeigt hat, wie wichtig gemeinsames erinnern ist und wie glücklich wir uns schätzen können auf dem Boden einer freiheitlich demokratischen Grundordnung zu stehen.
Ein Beitrag von Ninette Rattke aus Klasse 12